8. Dezember 2022
Streitbeilegungsgesetz
- Einleitung
Mit dem Bundesgesetz über Verfahren zur Beilegung von Besteuerungsstreitigkeiten in der Europäischen Union wurde die EU-Richtlinie im österreichischen Recht umgesetzt.
- Zweck
Diese Gesetzesregelung soll innerhalb der EU eine vereinfachte Handhabung und Beschleunigung von grenzüberschreitenden Steuerstreitigkeiten bewirken.
- Streitbeilegungsgesetz und DBA Normen?
Hierzu ist anzumerken, dass das Streitbeilegungsgesetz nur für Staaten der Europäischen Union gilt. Folglich sind diese Normen nicht für Drittstaaten anwendbar.
Beispielsweise ist die Schweiz vom Anwendungsbereich des Streitbeilegungsgesetzes ausgeschlossen.
Betreffend Schweiz gelten daher weiterhin ausschließlich die Streitbeilegungsnormen des Doppelbesteuerungsabkommens, wobei im DBA Schweiz ohnehin bei ungelösten Streitpunkten auf Antrag ein Schiedsverfahren einzuleiten ist (s. Art 25 DBA Österreich – Schweiz).
- Fristen und Verfahrensgang
Die Einbringung von Streitbeilegungsbeschwerden ist ab 01.09.2019 betreffend steuerlich ab 01.01.2018 verwirklichter Sachverhalte möglich. Die Einbringung einer Streitbeilegungsbeschwerde hat immer elektronisch auf der Grundlage der digitalen Meldeschablonen zu erfolgen.
Ab Einlangen der ersten Mitteilung über die Maßnahme, welche im Ergebnis zu einer Streitfrage (Doppelbesteuerung) führt oder führen wird, kann die Streitbeilegungsbeschwerde eingebracht werden.
Spätestens ist die Beschwerde innerhalb von drei Jahren nach Bekanntgabe des für die Streitfrage maßgeblichen Bescheides einzureichen. Die Einbringung hat elektronisch bei der zuständigen österreichischen Behörde über Finanzonline zu erfolgen; lediglich bei Unzumutbarkeit einer elektronischen Übermittlung (mangels technischer Voraussetzung bzw. mangels Teilnahmeberechtigung) kann die Einbringung unter Verwendung des amtlichen Formulars postalisch erfolgen.
Nach Einlangen hat die österreichische Behörde (zuständige Finanzbehörde der betroffenen Person) das Einlangen innerhalb von zwei Monaten zu bestätigen und innerhalb von zwei Monaten auch den anderen betroffenen Mitgliedsstaaten mitzuteilen und sich zu verständigen, welche Sprache für die weitere Kommunikation während des Verständigungsverfahrens und des schiedsgerichtlichen Verfahrens verwendet werden soll.
Gemäß § 48 Abs 1 BAO ist das Finanzamt für Großbetriebe die zuständige Behörde.
Nach Einlangen kann das Finanzamt innerhalb von drei Monaten die Übermittlung zusätzlicher Informationen anfordern; gegen dieses Ersuchen ist kein gesondertes Rechtsmittel zulässig.
In weiterer Folge wird geprüft, ob die Streitbeilegungsbeschwerde zugelassen oder zurückgewiesen wird.
Hierüber wird bescheidmäßig abgesprochen. Die Frist für die Zulassung oder Zurückweisung oder einseitige Lösung beträgt sechs Monate. Sobald die Beilegungsbeschwerde von den Behörden aller betroffenen Mitgliedsstaaten zugelassen ist, hat sich das österreichische Finanzamt zu bemühen, die Streitfrage im Verständigungsverfahren zu lösen. Eine Einigung im Verständigungsverfahren sollte innerhalb von zwei Jahren ab dem Tag der letzten Mitteilung über die Zulassung angestrebt werden (s. § 24 EU-Besteuerungsstreitbeilegungsgesetz).
Wird keine Einigung im Rahmen des Verständigungsverfahrens erzielt, kann die betroffene Person einen schriftlichen Antrag auf Einsetzung eines Schiedsgerichtes stellen (s. § 32). Dieser Antrag muss innerhalb von 50 Tagen ab dem Tag gestellt werden, der dem Tag folgt, an dem die betroffene Person die Mitteilung erhalten hat. Nach Prüfung des Antrages und dessen Zulassung erfolgt die Einsetzung eines Schiedsgerichtes, wobei die Frist für die Einsetzung des beratenden Ausschusses 120 Tage beträgt (s. § 39).
In weiterer Folge haben sich die betroffenen Mitgliedsstaaten über eine Geschäftsordnung zu einigen. Innerhalb von 6 Monaten nach der Übermittlung der Stellungnahme des beratenden Ausschusses hat eine Einigung zu erfolgen, die Streitfrage entsprechend der Stellungnahme des Schiedsgerichtes zu lösen oder wie die Streitfrage abweichend von der Stellungnahme des Schiedsgerichtes zu lösen sei.
Die Lösung der Streitfrage ist eine abschließende Entscheidung. Das österreichische Finanzamt hat der betroffenen Person die abschließende Entscheidung unverzüglich, spätestens jedoch innerhalb von 30 Tagen, zu übermitteln. Gemäß § 48 Abs 2 BAO hat schlussendlich das Finanzamt für Großbetriebe von Amtswegen mit Bescheid die Einigung festzustellen.
- Verständigungsverfahren gemäß DBA vs. EU-Besteuerungsstreitbeilegungsverfahren?
Das EU-Besteuerungsstreitbeilegungsgesetz tritt nicht an die Stelle der DBA Verständigungsverfahren; diese bleiben weiterhin im Rechtsbestand. IdR wird es allerdings zweckdienlicher sein, das EU- Streitbeilegungsverfahren anzustreben, weil dies mit einer abschließenden und bindenden Entscheidung verknüpft ist. Handelt es sich um ein Drittland und kein EU-Land, muss ohnedies weiterhin das DBA-Verständigungsverfahren angewendet werden.
Bei einfachen Sachverhalten (bspw. Schreib- oder Rechenfehler, etc.) kann das Verständigungsverfahren gemäß DBA mit Anerkennung der Gegenberichtigung durchaus zielführend und möglicherweise auch rascher umgesetzt werden.
Zu beachten ist auch, dass über die im Rahmen der Streitbeilegungsbeschwerde anhängige Doppelbesteuerungsthematik noch keine rechtskräftige Entscheidung des BFG vorliegen darf, da diese sonst als „res judicata“ wirkt. Sollte daher ein BFG-Verfahren zum Zeitpunkt der Einbringung der Streitbeilegungsbeschwerde bereits anhängig sein, muss dieses ausgesetzt werden; diese Aussetzung hat gemäß § 271a BAO auf Antrag des Abgabepflichtigen zu erfolgen.
Besondere Bestimmungen gibt es noch für sog. „kleinere Unternehmen“ iSd § 3 Z 5 EU- Besteuerungsstreitbeilegungsgesetzes. Kleinere Unternehmen dürfen – zwecks Erleichterung die Streitbeilegungsbeschwerde – nur in ihrem Sitzstaat einbringen.
Für die anderen Unternehmungen muss die Streitbeilegungsbeschwerde bei sämtlichen zuständigen Behörden eingereicht werden.
Kleinere Unternehmen sind Kapitalgesellschaften und GmbH & Co KGs, welche nicht Teile eines Konzerns sind und nicht mindestens 2 der 3 Größenkriterien überschreiten:
- EUR 20 Mio. Bilanzsumme
- EUR 40 Mio. Nettoumsatzerlös
- Durchschnittlich 250 Arbeitnehmer während des Geschäftsjahres
Die Einbringung kann in deutscher oder englischer Sprache erfolgen (s. § 4 EU-BStbG)
Stand: 01.12.2022
Mitgeteilt von:
WTG Dr. Reinold Wirtschaftsprüfungs GmbH
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